Gastbeitrag von Armin Stalder

Wir sollten das Leben verlassen wie ein Bankett:
Weder durstig noch betrunken.
Aristoteles

Liebe Leserinnen und Leser

Ohne allzu religiös werden zu wollen, darf auf die enorme Bedeutung des christlichen Kulturerbes für das Abendland hingewiesen werden. An Ostern wird der Auferstehung von Jesus gedacht.

Pragmatisch könnte man sagen, dieses Fest versinnbildlicht den Triumph des Lebens über den Tod. Eine wichtige Botschaft. Denn nur im Antlitz dieser dichotomischen Begrifflichkeit von Leben und Tod erhält das Leben eine gewisse Sinnhaftigkeit. Leider hat die Kirche die damit zusammenhängende Todesangst geschürt und darauf eine institutionelle Machtideologie errichtet.

Zur Auferstehung gesellt sich das auftauende, sonnengetränkte Frühlingswetter. Ein neuer Lebenszyklus erblüht. Das Leben triumphiert über den Tod – in die heutige Zeit übersetzt und in die Zukunft projiziert könnte man auch sagen: Ostern ist eine Form von Transhumanismus avant la lettre.

Einige Transhumanisten erkennen in der biologischen Endlichkeit die Schwäche des Menschen. Sterblichkeit als Fehler, der überwunden werden muss. Der Sinn des Lebens entsteht dann nicht im Spannungsfeld von Leben und Tod, sondern besteht im ewigen (zeitlich gesehen, nicht transzendent) Leben an sich.

Der Zweck des technischen Enhancements des Menschen ist, dessen Logik konsequent zu Ende gedacht, seine Unsterblichkeit. Im Science-Fiction-Film «The 6th Day» mit Arnold Schwarzenegger sagt der Unternehmer Michael Drucker (Tony Goldwyn), der ein ertragreiches Business mit dem Klonen von Menschen aufziehen will: «Dann können wir endlich den Tod bezwingen.»

Mit dem Transhumanismus entsteht eine neue Glaubenslehre, die durch eine angewandte technologische Rationalität vermeintlich säkular wirkt, aber im Kern tiefreligiös ist. Kulturgeschichtlich ist es die nächste Episode, in der sich der Mensch mittels Technik die Natur, und nun sich selbst, Bewusstsein inklusive, zu unterwerfen versucht.

Freilich drängt sich die Frage auf: Was wäre besser am ewigen Leben? Wozu ewig leben? ChatGPT kann das nicht beantworten. Wieso nicht versuchen, die gegebene Zeit so gut wie möglich zu nutzen? Allein das ist eine Herkulesaufgabe, doch nur schon der Versuch dazu wäre kein vergeudetes Leben.

Nach dem griechischen Philosophen Aristoteles ist etwas gut (z.B. der Mensch als vernunftbegabtes Wesen), wenn es sich seiner Natur entsprechend verhält. Sprich: Statt uns künstlich zu verbessern, ist es besser, die natürlichen Gaben bestmöglich zu kultivieren.

Ausserdem gibt es ausreichend Gründe, an diesen frühlingshaften Ostertagen Freude am Gegebenen und der Natur zu empfinden. Das Leben spriesst überall, ganz von alleine. Das wird es auch in 1000 Jahren noch tun, ob mit oder ohne Klima-Apostel. Doch sie sind es, die mit der drohenden Apokalypse einen weiteren theologischen Gedankenkomplex auf die politische Agenda setzen.

Ob wir wollen oder nicht: Unser Alltag, gerade auch der politische, ist noch immer von religiösen Topoi gefärbt, stärker als wir auf den ersten Blick ahnen. Sie sind in unserer kulturellen DNA eingeschliffen, tradiert durch Geistesgeschichte und Denkmuster.

Ich lade Sie dazu ein, wenigstens während der folgenden Tage den Transhumanismus, die Künstliche Intelligenz und Klimaideologie sowie weitere quasi-religiöse Machtdiskurse beiseitezuschieben und sich der Auferstehung, dem Triumph des Lebens, zu widmen. Es wirkt viel inspirierender, als ständig über Armageddon zu schwafeln. Versprochen.

Herzliche Grüsse

Armin Stalder

Von admin