Dem sogenannten Weltklimarat IPCC ist in seinem fünften Bewertungsbericht von 2013 ein fast unglaublicher Fehler unterlaufen. Der Schaden für Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ist immens.

Dem in Deutschland gerne so genannte „internationale Klimarat“ (Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC) ist ein schwerwiegender Fehler unterlaufen, der einen großen Teil der wissenschaftlichen Klima-Literatur und der Klimaberatung der Regierungen in den letzten zehn Jahren in Frage stellt. Es geht dabei um die wahrscheinlichsten Prognosen für die künftige Entwicklung der globalen Treibhausgas-Emissionen und der damit verbundenen  Erwärmungswirkung, die ihrerseits wiederrum von Größen wie der künftigen Zunahme der Weltbevölkerung und der Technikentwicklung abhängen.

Es gibt einen ganzen Strauss solcher möglichen Zukunftspfade, auf englisch „Representative Concentration Pathways“ (RCP) genannt. Diese RCPs liegen auch den jeweiligen Sachstandsberichten des IPCC zu Grunde, die meisten weiteren Schlussfolgerungen bauen auf ihnen auf. Es gibt vier verschiedene Bündel von Szenarien: RCP 2.6 (sehr niedrig), RCP 4.5 (mittel), RCP 6.0 (hoch) und RCP 8.5 (sehr hoch). Im Bericht von 2013 wurde – aus welchen Gründen auch immer – ausschließlich die unwahrscheinliche hohe Variante als sogenanntes Basis- oder „Business as Usual“-Szenario herausgegriffen. Im neusten Bericht von 2022/23 heißt es nun:

„High-End-Szenarien (wie RCP8.5) können sehr nützlich sein, um die High-End-Risiken des Klimawandels zu untersuchen, sind aber keine typischen „Business-as-usual“-Projektionen und sollten daher nicht als solche dargestellt werden“.

Dennoch wurde genau dies über zehn Jahre lang getan – und wird  in vielen Fällen im neuen Bericht auch noch immer getan. Das Problem: In der realen Welt besteht inzwischen ein breiter Konsens darüber, dass der Emissionspfad der aktuellen Politik noch unter dem mittleren Szenario RPC 4.5 liegt. Hätte das IPCC die damals schon wahrscheinlichere und weniger apokalyptische mittlere Variante ausgewählt, hätte die Politik sehr viel ruhiger und überlegter reagieren können.

Die Tatsache, dass der IPCC das RCP8.5 als einziges legitimes Basisszenario der den Forschern zur Verfügung gestellten Szenarien bezeichnet hat, hatte weitreichende Folgen.

  • Es gibt Zehntausende wissenschaftlicher Arbeiten, die RCP8.5 als Basisszenario und RCP4.5 oder RCP2.6 als politischen Erfolg verwenden und heute keinen praktischen Wert mehr haben.
  • Der jüngste IPCC-Bericht AR6 konzentriert sich auf RCP8.5 und hat ebenfalls einen zweifelhaften praktischen Wert.
  • Die Ergebnisse des RCP8.5 wurden in den Medien und von Klimabeeinflussern weithin propagiert, um den Klimawandel in apokalyptischer Weise zu beschreiben.
  • Die Regierungen haben den RCP8.5 weitgehend als politische Grundlage für die Anpassungsplanung übernommen.
  • Der RCP8.5 wird häufig verwendet, um die Kosten und den Nutzen von Abhilfemaßnahmen zu beschreiben, die dann beide übertrieben dargestellt werden.
  • Es ist eine kleine Industrie der „Klimaanalytik“ entstanden, die Vorhersagen, Prognosen und Projektionen der Zukunft auf der Grundlage des RCP8.5 als Basis erstellt. Vorsicht ist geboten.
  • RCP8.5 ist zu einem politischen Objekt geworden, das sowohl denjenigen nützt, die Alarm schlagen wollen, als auch denjenigen, die auf wissenschaftliche Fehler in der Klimaforschung hinweisen. Aufgrund dieser doppelten Vorteile ist zu erwarten, dass sich die Politisierung des RCP8.5 noch verstärken wird.

Der renommierte amerikanische Umweltforscher Roger A. Pielke Jr. schreibt:

 „Ein guter erster Schritt wäre, wenn die führenden Vertreter der wissenschaftlichen Gemeinschaft den großen Fehler des IPCC AR5 anerkennen würden, der das RCP8.5 zum einzigen legitimen Basisszenario machte und das realistischere Szenario ausschloss“

Zur Dokumentation der schwierigen Materie, die aber eine ungeheure Tragweite hat, publizieren wir hier Pielkes Fach-Aufsatz vom 11. Oktober zum Thema, mit vielen wichtigen Quellen und Hinweisen für die Fachleute unter den Lesern. Weiterlesen

Von admin